In der Familie, am Arbeitsplatz, in der Schule: Psychische Belastungen nehmen immer mehr zu – unabhängig vom Alter. Die Statistiken der Evangelischen Beratungsstelle für Ehe-, Lebens- und Schwangerenberatung belegen diesen Trend: Innerhalb eines Jahres ist die Gesamtzahl der Konsultationen von 1096 auf 1724 gestiegen, – ein Plus von 57 Prozent! Die Fallzahlen bei den Ehe- und Lebensberatungen gingen durch die Decke: Meldeten sich im Jahr 2022 noch 122 Hilfesuchende in der Beratungsstelle an der Schaeferstraße, so waren es 2023 schon 267. Dieser Anstieg um 118 Prozent ist trauriger Rekord in der über 30-jährigen Geschichte der Beratungsstelle.
„Die seelische Not im Land ist eindeutig größer geworden“, sagt die Diplom-Pädagogin Sabine Karkuth-Dohmeier, seit Juni 2022 Leiterin der Beratungsstelle im Diakonischen Werk Herne. Die Ursachen seien vielfältig und müssten sehr sorgfältig betrachtet werden, so die Familien- und Traumatherapeutin bei der Vorstellung des Jahresberichts im Förderverein der Einrichtung. Starken Einfluss auf das psychische Wohlbefinden hätten nicht nur die aktuelle, von Kriegen und Katastrophen dominierte Nachrichtenlage und die Verdichtung der Aufgaben im Job, sondern auch Anforderungen an die eigene Person oder Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie.
Schneller Termin für Erstgespräch
Besonders dankbar sei die Beratungsstelle, dass der Förderverein einen bereits pensionierten Ehe- und Lebensberater Hans Schmuck aus dem Ruhestand holte, um Erstgespräche möglichst zeitnah anbieten zu können. Seit 2021 tut der Gelsenkirchener stundenweise Dienst, auch 2023 konnte der Service aufrechterhalten werden. „Früher mussten wir Wartelisten führen und Anfragende teilweise über Monate vertrösten. Heute sind wir in der Lage, Hilfesuchenden innerhalb weniger Tage zum Erstgespräch einzuladen. Das macht angesichts steigender Klientenzahlen einen wichtigen Unterschied“, so Karkuth-Dohmeier. Darüberhinaus übernimmt der Förderverein Beratungsgebühren für Menschen, die diese Hilfen nicht aus eigener Tasche bezahlen können. Auch bei der Realisierung von Projekten springt der Verein durch die Übernahme der erforderlichen Eigenbeteiligung ein.
Sozialberatung – Beratung für Schwangere
Seit mehr als 30 Jahren bietet das multiprofessionelle Team der evangelischen Beratungsstelle in der weißen Villa an der Schaeferstraße Einzelpersonen und Paare psychologische Unterstützung und Begleitung in allen Lebenskrisen an. Die Beratung erfolgt unabhängig von Konfession, Nationalität, Alter und sexueller Orientierung. Durch das aktive Einwerben von Projektförderungen wurde das Beratungsangebot deutlich erweitert. Seit Juni 2023 weist die Sozialpädagogin Kristina Messerle Ratsuchenden Wege aus finanzieller Not. Eine angehende Hebamme lotst seit August 2023 junge Schwangere mit migrantischem Hintergrund durch die zuweilen komplizierten sozialen Hilfsangebote von Bund, Land und Kommune. Der Aufbau der psychosozialen Beratung („Counseling“) für Mitarbeitende, die sich der Belastung im Beruf nicht mehr gewachsen fühlen, hat 2024 weitere Formen angenommen.