HAGAR-Projekt für Alleinerziehende: So wurde Bettina Mesenhohl zur „Ersatzomi“

Bettina Mesenhohl (62) unterstützt als Ehrenamtliche im HAGAR-Projekt eine alleinerziehende Mutter bei der Kinderbetreuung.

Wenn der fünfjährige Paul (Name geändert) gegen 14.30 Uhr vom Kindergarten abgeholt werden muss, wird er von „Frau Bettina“ in Empfang genommen – jeden­falls zweimal in der Woche. „Frau Bettina“, die mit richtigem Namen Bettina Me­senhohl heißt, ist ehrenamtliche Mitarbeiterin beim HAGAR-Projekt. Koordiniert wird es von Sozialpädagogin Annika Tegeler vom Diakonischen Werk Herne, die sich dafür einsetzt, dass „Ein-Eltern-Familien“ Unterstützung von Ehrenamtlichen bekommen.

„Gefragt ist vor allem eine Unterstützung in der Randzeitenbetreuung der Kinder“, betont Annika Tegeler. Eine von bisher fünf Ehrenamtlichen, die sich hier engagie­ren, ist Bettina Mesenhohl. Nachdem sie Paul aus der Kita abgeholt hat, beschäftigt sie sich zwei bis drei Stunden mit dem Jungen, bis seine Mutter von der Arbeit nach Hause kommt. „Mir macht das richtig viel Spaß – ich habe von jeher einen guten Draht zu Kindern“, so die 62-Jährige. „Als meine Kinder klein waren, gab es Omas, die helfen konnten.“ Von daher wisse sie, was fehlt, wenn es keine Omas in der Nähe gibt. „Alleinerziehende, die arbeiten müssen, haben oft ein echtes Prob­lem!“

Nach dem Kindergarten geht es in der Regel erstmal nach draußen, dann komme auch Pauls zehnjähriger Bruder gerne mit. Als Paul mal mit seinen Gummistiefeln durch die Pfützen hüpfte, machte „Frau Bettina“, wie sie von dem großen Bruder genannt wird, einfach mit. „Da war das Gelächter groß“, erzählt sie. Die ganze Fa­milie habe sie bereits in ihr Herz geschlossen, sie sei schnell zu einer Ersatzomi ge­worden.

Ursprünglich hatte sich Mesenhohl bei Annika Tegeler vorgestellt, weil sie als In­haberin einer Reinigungsfirma für die Organisation der Raumpflege angefragt war. „Das hat sich nicht ergeben, stattdessen habe ich jetzt ein Ehrenamt, das mir richtig viel Freude macht“, sagt die zweifache Mutter und Großmutter. Als Selbstständige könne sie sich ihre Zeit so einteilen, dass ihr Einsatz an zwei Tagen pro Woche gut möglich ist.

Annika Tegeler freut sich, dass sich Menschen wie Bettina Mesenhohl bereitfin­den, sich in dem HAGAR-Projekt zu engagieren. „Unsere fünf Ehrenamtlichen sind sehr engagiert, aber es sollten mehr werden“, sagt sie. Dabei werden Umfang und Art des Einsatzes an die Möglichkeiten der Ehrenamtlichen angepasst. „Auch wer nur einmal in der Woche Zeit hat, kann eine große Unterstützung leisten“, be­tont sie. Die Bedürfnisse der Ein-Eltern-Familien seien sehr unterschiedlich. „Men­schen, die als Mentoren tätig werden möchten und Alleinerziehende auf dem Weg begleiten, einen Schulabschluss oder ein Studium nachzuholen, werden ebenso ge­braucht wie solche, die Tipps bei der Haushaltsführung geben können oder bei Be­hördengängen begleiten“, sagt sie. Bettina Mesenhohl kann ein Engagement in dem Projekt nur empfehlen: „Ich mache etwas Sinnvolles in meiner Freizeit und be­komme ganz viel zurück.“ AR

Wer sich über das HAGAR-Projekt informieren möchte oder mit dem Gedanken spielt, sich hier zu engagieren, kann sich bei Annika Tegeler melden – per Telefon unter 0152 – 56 79 00 09 oder per E-Mail an a.tegeler@diakonie-herne.de. Seit dem Frühling dieses Jahres unterstützen Diakonisches Werk Herne, Kirchen­kreis Herne und Petrus-Kirchengemeinde mit dem Gemeinschaftsprojekt „HAGAR“ Ein-Eltern-Familien. Genauer gesagt tun dies lebenserfahrene Ehren­amtliche, indem sie Alleinerziehenden im Alltag helfen, zum Beispiel bei Behörden­gängen, bei den Schularbeiten der Kinder oder bei der Haushaltsführung.

Die Leitung des Projekts, das von der Deutschen Fernsehlotterie gefördert wird, hat Pfarrerin Dr. Zuzanna Hanussek, die in ihrer Arbeit immer wieder mit Allein­erziehenden zu tun hatte, die aus unterschiedlichen Gründen auf Unterstützung an­gewiesen sind. Weil auch Studien zeigen, dass Alleinerziehende sich häufig in einer Armutsspirale befinden, da sie oftmals schlecht bezahlte Jobs annehmen müssen oder Schwierigkeiten haben, einen Schulabschluss oder ein Studium nachzuholen, hatte Hanussek die Idee zu dem Projekt HAGAR.

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HAGAR-Projektkoordinatorin Annika Tegeler vom Diakonischen Werk Herne (links) freut sich über das ehrenamtliche Engage­ment von Bettina Mesenhohl.

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